Direkt zum Hauptbereich

Quer durch die Abruzzen im Herbst

Kurz entschlossen wollte ich im Oktober noch einmal der kalten und nassen Herbststimmung Deutschlands entkommen. Nachdem ich neben den französischen Seealpen und dem Gran Paradiso Nationalpark in Italien noch die Karpaten Rumäniens in die engere Auswahl genommen hatte, wurden es schließlich dank der günstigen Angebote eines irischen Fluganbieters doch die Abruzzen Italiens.
Eine Woche nach Buchung saß ich schon im Flieger nach Pescara mit einer groben Planung im Gepäck. Da das Wetter zum Wochenende hin Gewitter und Regen voraussagte und ich zu diesem Zeitpunkt nicht im Gran Sasso Hochgebirge sein wollte, entschloss ich mich von Süd nach Nord zu laufen. Ein weiterer Vorteil bestand darin, dass ich aufgrund der besseren Busverbindungen direkt am ersten Tag nach der Landung in Pescara loswandern konnte.

Wandertag 1: Von Sulmona bis kurz vor Scanno
So machte ich mich am frühen Morgen auf den Weg nach Sulmona, dem Geburtsort des großartigen lateinischen Poetikers P. Ovidius Nase, der u.a. für seine Schriften "Metamorphosen" und die "Ars amatoria" berühmt geworden ist. Leider fand der damalige Kaiser Augustus nicht alles, was Ovid so schrieb und erblickte, ganz optimal, so dass Ovid ins Exil ans Schwarze Meer musste. Ein hartes Los für Ovid die kulturelle Hochburg Rom verlassen zu müssen...
Mein Los in Sulmona war jedoch ein gänzlich anderes, musste ich mich doch noch auf die Suche nach kompatiblen Gaskartuschen machen. In der sehr freundlichen Touristinformation wurde mir ein Sportladen in der Fußgängerzone empfohlen: Fehlanzeige. Auch meine weiteren Versuche Kartuschen in Eisenwarenläden zu erhalten scheiterten. So nahm ich es in Kauf auf warme Mahlzeiten verzichten zu müssen, immer noch mit der Hoffnung behaftet, irgendwo auf dem Wege eine gescheite Kartusche zu finden.
Um ca. 11 Uhr machte ich mich auf den Weg von Sulmona Richtung Scanno. Da Scanno in meinem Wanderführer als die schönste Stadt der Abruzzen tituliert wurde, wollte ich mir dies natürlich nicht entgehen lassen.
Der Plan war es Scanno am nächsten Morgen zu erreichen, um dann mit dem Bus wieder nach Sulmona zu fahren, um dann letztlich die Wanderung Richtung Norden zu starten.
Der Einstieg in die Wanderung war dank GPS und Wanderführer schnell gefunden und so ging es zunächst über Wiesen an einem Bach, dann ein Stückchen an Bahnschienen, dann ein wenig an einer Landstraße entlang, bis schließlich Anversa erreicht wurde. Hier konnte ich in einer netten Bar noch einmal mein Proviant mit Früchten und Brot auffüllen.
Danach sorgten zwei ca einstündige Anstiege vor und hinter Castrovalva dafür, dass ich auf über 1000 m war und ich langsam aber sicher die Anstrengung des ersten Tages merkte und nach einem passenden Schlafplatz für die Nacht Ausschau hielt.
Auf einer schönen Hochebene wollte ich schon verweilen, als ich plötzlich das Bellen von Hirtenhunden und das Blöken ihrer Schafe vernahm. Auf diese Dauerbeschallung hatte ich wenig Lust, so dass ich mich wieder bergabwärts machte.
Statt nun den ersten guten Schlafplatz auszuwählen, dachte ich mir, dass ich mir lieber am Ende des Tages noch eine kurze Extraanstrengung auferlege, einen falschen Abzweig über einen Fluss nehme, noch einmal 200 HM falsch aufsteige, dann mdst. 100 Hm wieder absteige, um schließlich zu merken, dass ich falsch bin !
Also das ganze wieder zurück und mit richtig guter Laune das Zelt an einer schönen ebenen Stelle aufgebaut.
Nach einer schnellen Dusche aus meiner Wasserflasche, ab ins Zelt und mit frischer Kleidung in der Schlafsack.

Tag 2:  Kurz vor Scanno bis Scanno (Bus nach Sulmona); dann bis zum Passo San Leonardo
Die Nacht sollte die kälteste der gesamten Wanderung werden. Meine Fenix 3 zeigt am Morgen Plus 1 Grad Celsius und dementsprechend unwillig beschloss ich mich aus dem Schlafsack zu quälen. In der  Nacht selbst fühlte ich mich in meinem Schlafsack gut gewärmt, die ersten Schritte in der kurzen Hose jedoch durch das mit Reif gefrorene Gras trugen nicht zu einer fröhlichen Gesamtstimmung bei. Als der Weg dann auch noch durch langweiligen Wald auf und ab ging, meine Knie zu schmerzen begannen und die ersten Regentropfen herunterkamen, fühlte ich mich gänzlich am falschen Platz und sehnte mich nach einer warmen Couch und einem heißen Kaffee in der Heimat.
Die Laune steigerte sich jedoch zunehmend, als ich nach knapp drei Stunden Scanno erreichte. Wirklich eine Augenweide dieses kleine pittoreske Dorf. Nachdem ich dann noch ein Cafe mit Internet und einen Supermarkt ausfindig gemacht hatte, hätte ich noch Stunden hier verweilen können. Gegen 13 Uhr aber fuhr der Bus nach Sulmona, so dass ich mich pünktlich wieder auf den Weg machte.
In Sulmona machte ich mich erst noch einmal auf die Suche nach meinem am gestrigen Tage verlorenen Mundstück meines Camelbaks. Leider mit ausbleibendem Erfolg. Dafür entleerte ich meinen Rucksack um die Hälfte der Trocken- und Fertignahrung, die ich aus Deutschland mitgebracht hatte und begab mich um 14:30 Uhr auf den Weg Richtung Pass.
Leider gestaltete sich nun die Navigation ein wenig schwieriger, da mein Wanderführer den Weg in umgekehrte Richtung beschrieb. Zudem waren die Wegpunkte des GPS-Geräte nicht in der Anzahl vorhanden, dass man den Weg lückenlos nachvollziehen konnte.
Um den Verlust wertvoller Zeit  durch ständige Wegsuche zu reduzieren, zog ich es vor bis Pacentro auf der Landstraße zu laufen. Hier lebten übrigens die Großeltern von Madonna. Also der aus Amerika, nicht die von Jesus ;)
Pacentro
Oberhalb hinter dem Dorf (690 m) biegt nun ein gut ausgeschildeter Wanderweg Richtung San Leonardo (1298m) ab. Also noch einmal 600 HM am Ende des Tages.
Hotelrondell
Der Weg verläuft jedoch schön am Hang entlang und wird dann immer ebener und offenbart schöne grüne Ebenen. Kurz vor der Passhöhe wird der Weg aber auch immer feuchter, so dass ich Zeltplatzsuche aufschob. Am Pass selbst steht noch ein großes Hotelrondell, welches wohl im Winter (Skisaison) oder im Sommer (Wandersaison) auch Gäste beherbergigt. Jetzt im Herbst jedoch schließt es bereits gegen 19 Uhr.
Da ich zufällig den Besitzer des Hotels draußen an seinem Wagen antraf, fragte ich diesen, ob es möglich sei, hinter dem Komplex auf einer schönen ebenen Fläche zelten zu dürfen.Er bejahte dies, ich stieß daraufhin mit einem Cappuccino und einem herrlichen Pflaumenkuchen im Restaurant an und baute danach doch relativ erschöpft mein Zelt auf. Die Nacht verlief ruhig und trotz der ungefähren gleichen Höhenlage wie in der Nacht zuvor, waren es fast zehn Grad mehr, so dass mir das Aufstehen am nächsten Morgen um einiges leichter fiel.

 Tag 3: Pass San Leonardo bis Musellaro
Hinter dem Pass ging es im Morgengrauen erst einmal bergab.Als Ziel für die Frühstücks-Mittagspause war Caramanico Terme ausgeguckt, ein immer noch bei Touristen und Einheimischen beliebter Kurort. Hier hoffte ich auch eine Bar mit Wifi zu finden, um die Wettervorhersage der nächsten Tage noch einmal zu verifizieren. Regen und vor allem Gewitter waren angesagt, so dass ich es unbedingt verhindern wollte, bei dieser Art von Wetter im Gran Sasso Massiv zu stecken. Der Weg Richtung Roccaramanico war leicht zu finden. Im Dorf selbst füllte ich das Wasser auf, machte mich auf die Hauptstrasse und ungefähr in der dritten Kurve fand sich ein Abzweig auf einem kleinen matschigen Pfad Richtung Eufamia. Sanft bergab wandernd erreichte ich Eufamia in neuer treuer Begleitung eines Hundes, der mich im kleinen Vorort aufgabelte. Damit er mich nicht noch weiter begleitete, zog ich es vor, meinen Salamivorrat aufzugebrauchen. Der weitere Weg sollte etwas komplizierter Richtung Caramico an irgendwelchen Scheunen vorbei und weglos verlaufen. Da ich keine Lust auf diese Experimente hatte,nahm ich den ca. 6 km langen Weg auf der Landstraße, der mich bis nach Caramico führen sollte, nicht jedoch ohne mich kurz vor Erreichen durch einen 1,5 km langen dunklen Autotunnel zu führen. Nicht unbedingt das, was man sich unter einer entspannten Wanderung mit schönen Aussichten vorstellte.
Nach mehrmaligen Fragen fand ich schließlich neben dem Büro des Nationalparks in Caramico eine Bar mit Wifi. ich gönnte mir ein italienisches Bier und stellte fest, dass es hier am Samstag Nachmittag Gewittern sollte, das Gran Sasso Massiv meldete glücklicherweise jedoch nur Regen.
Hinter Caramico begann der schönste Teil der heutigen Wanderung. Es ging hinab zu einer Schlucht, in der ein Bach mit glasklarem türkisen, teilweise hellblauem Wasser das Auge erfreute.
Danach ging es wieder bergauf Richtung Riga, wo ich mich ein wenig an einem Hangpfad entlang Richtung Fonte Vetica schlängelte.

Nachdem mich eine Horde Wildschweine (oder war es ein Bär) am Wegrand im Wald überraschte, führte der Trail zu einer zweiten wunderbaren Schlucht, ehe kurz darauf Musellaro erreicht wurde.
Es war halb drei und eigentlich noch zu früh, den Tag zu beenden. Da ich aber unter Knieschmerzen litt und der Platz vor der Kirche so schön in der Sonne lag, entschloss ich mich die Nacht in Musellaro zu verweilen.
Gänzlich alleine sollte ich die gesamte Nacht bleiben, selbst die freundlichen Besitzer des Hostels Lacrus machten sich nach dem Einschecken wieder aus dem Staub. So konnte ich mich vollends auf der herrlichen Terrasse und mit dem Kaffeautomaten, dessen Nutzung mir vorher extra noch erklärt und mir zur freien Nutzung überlassen wurde, entspannen.

Tag 4: Musellaro - Castel del Monte
In der Nacht wurde ich gegen 4 Uhr von lautem Donner und hellen Blitzen aus dem Schlaf geweckt. Das Gewitter war da! Hervorragend. An weiteren Schlaf war nicht mehr wirklich zu denken. Da ich aufgrund des Wetters und der etwas nervenden Knieschmerzen eh schon ein wenig frustriert war, die Unterkünfte mit ca. 35 Euro zu Buche schlugen, spielte ich sehr sehr stark mit dem Gedanken, mir noch schnell einen Flieger für den späten Nachmittag Richtung Heimat zu ergattern.Ich überlegte und überlegte. Das Internet, das ich mir auf mein Handy eigens für den Tag buchte, war unfassbar langsam. Dann beschloss ich folgendes: Um 7 Uhr sollte ein Bus Richtung Torre de Passeri fahren, von hier fuhren Züge Richtung Pescara und zudem konnte von hier die Wanderung fortgesetzt werden. Somit schon ich die endgültige Entscheidung erst einmal auf. Der Bus kam und bereits aus dem Fenster konnte man bei wachsendem Tageslicht erkennen, dass das Gewitter das Tal fest in seiner Hand hatte, jedoch jenseits dieses ein fast blauer Himmel vorherrschte.
Angekommen beschloss ich nach einem kleinen Frühstück Richtung Corvara weiterzuwandern. Der Weg war einfach. das Gewitter verfolgte mich nicht weiter, ab Corvara ging es dann schließlich mit einem satten Anstieg raus aus der Zivilasation. Nur die Schussgeräusche von Jägern begleiteten meinen Pfad. Hervorragend. Zumindestens hatte ich einen auffällige orangene Hose an ;)
Hinter Capestrano traf ich die auf der gesamten Tour einzigen mir entgegenkommenden Wanderer (abgesehen vom Sonntag im Gran Sasso). Sie kamen - welch Zufall- auch aus Deutschland und nach einem netten fast zwanzigminütigen Chat und dem Austauschen einiger Tipps ging es weiter.
Es wurde immer wärmen und auf einer langen ebenen Strecke zwischen Weinreben und Olivenbäumen hindurch erreichte ich irgendwann Ofena. Dieses Dorf wollte und wollte einfach nicht näher kommen. Wie eine Fata Morgana lag es direkt vor meinen Augen, aber der Weg zog sich unglaublich lang -schließlich mit einem saftigen Anstieg - hinauf bis ins Dorfzentrum.
Eine nicht allzulange Pause hatte ich mir vorgenommen, da es noch einmal fast 700 HM hinaufgehen sollte und am Himmel bereits einige nicht so sympathisch dreinblickenden Ambusswolken ihr Unwesen trieben.
Beim Verlassen des Lokals machte ich aber - o fortuna. o fortuna - alles richtig. Eigentlich nur aus Spaß erkundigte ich mich nach den Abfahrtszeiten des Busses Richtung Castell. Und welch Zufall: nur am Samstag sollte es um 15: 30 Uhr einen Bus geben. Und das noch zur Anstoßzeit des Effzehs gegen Ingolstadt. Perfekt.
Ich nahm den Bus und erreicht knapp 25 Minuten später Castel del Monte, machte mich auf die Unterkunftssuche, wurde im Rifugio del Pastore letztlich als einzig geöffnete Unterkunft fündig. Hier wäre ich unter Normalumständen wohl nie geblieben. Das Zimmer sollte 35 Euro kosten, der Duschraum aber und auch die Ecken des Zimmers waren voll mit schwarzem Schimmel. Auch die Matratze des Bettes konnte nicht als solche bezeichnet werden. Wirklich nicht empfehlenswert. Ich handelte den Betrag mit Händen und Füßen noch auf 30 Euro runter, verzichtete dafuer dann aber auch aufs Frühstueck. Egal der Tag war eh schon gerettet. Ich hatte gutes Wifi und konnte den 2:1 Sieg des Effzehs verfolgen.

Tag 5: Castell del Monte - Refugio Garibaldi

Im Hintergrund das Refugio zu erkennen
Einfach mal ins eigene Fleisch schneiden....


Vor acht Uhr kam ich am nächsten Morgen leider nicht los, da ich noch auf die Hosteldame warten musste, die noch meinen Ausweis hatte. Immerhin hatten wir noch ein nettes Gespräch auf irgendeine Art von Italienisch und sie spendierte mir noch einen Cafe und ein Croissant. Mit diesem spärlichen Frühstück, aber noch jeder Menge Proviant im Rucksack, machte ich mich voller Vorfreude auf in den Nationalpark Gran Sasso. Zunächst ging es auf einem kleinen Pfad viele Höhenmeter hinauf, bis zu einer Wegkreuzung. Hier hielt ich mich querfeldein in Richtung Rifugi di Lago Racallo. Nach ca. 1,5 Stunden erreichte ich dieses Refugio, das aber nicht mehr geöffnet war. Auch eine Wasserquelle war nicht vorzufinden. Dennoch beschloss ich hier eine Frühstückspause einzulegen, immerhin hatte ich genügend Zeit und auch kein wirkliches Ziel für den heutigen Tag. Außer mir ins eigene Fleisch schneiden...Denn beim Brotschneiden musste ich erkennen, dass mein Messer schärfer als gedacht war.Nach dem Anlegen eines provisorischen Druckverbandes machte ich mich leicht angeschlagen und angesäuert über meine eigene Geschicklichkeit weiter auf dem Weg zum Campo Imperatore.

Gefühlt befand ich mich mittlerweile jedoch nicht mehr in Zentralitalien, sondern im wunderschönsten Altiplano-Ambiente Perus oder Boliviens. Sanfte grüne Hügel vermischt mit dem in der Ferne zu erkennenden Corno Grande Gipfelmassiv. Für diese Ausblicke hatte sich die Fortsetzung des Weges auf jeden Fall gewohnt. Der schönste Teil meiner Wanderung sollte beginnen.Einzig dass eine Straße durch das Gran Sasso Massiv hin zum Campo Imperatore führte, störte meine Vorstellung von einem perfekten Wanderweg. Auch die von Christoph Henning in seinem Wanderführer für die Abruzzen vorgschlagene Wegführung empfand ich nicht immer als die glücklichste oder auch zielgerichteste.Unter Skiliften hindurch und durch herrliche Steppen für grasende Pferdehorden hindurch  erreichte ich gegen Mittag den hässlichen Hotelkomplex des Campo Imperatore.
Rifugi Garibaldi
Einen wirklichen Plan für den weiteren Verlauf des Tages hatte ich immer noch nicht, als ich mich aber nach einer ungefähren Stunde und zwei Capuchinos wieder auf den Weg machte, zogen immer mehr Wolken und Nebel auf. Da ich noch im Hinterkopf die Besteigung des Corno Grandes hatte, beschloss ich zunächst einmal das Rifugi Garibaldi anzusteuern, um zu schauen, ob dort der Winterraum geöffnet ist. Von dort ließe sich in ca. 1,5 Stunden Aufstieg der Gipfel Corno Grande ansteuern. Nach einer guten Stunde erreichte ich gegen 15 Uhr das Refugio. Der Winterraum war geöffnet, es zog weiterer Nebel auf, so dass letztlich die Entscheidung dort zu nächtigen eine einfache war. Den Nachmittag verbrachte ich mit kleinen Fotospaziergängen und Lesen. Sogar die Sonne kam wieder ein wenig heraus und ich war glücklich über meine Entscheidung und voller Vorfreude auf den Aufstieg am Morgen. Ich sollte der einzige Wanderer im Refugio bleiben, so dass ich mich mit Einbruch der Dunkelheit in den Schlafsack machte.

Tag 6: Refugio Garibaldi bis Prato Selva
 Ein äußerst langer, nicht so geplanter, aber mit einem überraschenden Ausgang zu Ende gehender sollte mir bevorstehen. Aber zunächst der Reihe. Im Morgengrauen, ja fast noch im Dunkeln stand ich in meiner gediegenen Unterkunft auf und packte meinen kleinen, leichten Tagesrucksack, um die Gipfelbesteigung des Corno Grande in Angriff zu nehmen. Die Luft draußen war herrlich und klar und ich konnte mir keinen besseren Tag zum Gipfelangriff vorstellen. Auch die Kälte war aufgrund des stetigen Anstieges schnell überwunden. Immer wieder blickte ich mich während des Aufstieges um und genoss die Aussicht. Der Mond stand noch am Himmel, ein Wolkenmeer lag wie ein Teppich ausgebreitet unter mir und der Gipfel ließ schon seine Zacken in der von der bergrückwärtigen Sonne erstrahlen.
Es gibt nun drei verschiedene Aufstiegsvarianten zum Gipfel. Eine ist nur für Bergkletterer geeignet und kam dafür mich auf keinen Fall in Frage. Die leichteste Variante, die sich einmal um den Gipfel herumziehen sollte, war die längste, so dass ich mich für die mittelschwere Variante den Grat entlang entschied. Leider verpasste ich aber den Abzweig dafür, was ich aber erst bei Ankunft auf dem Gipfel bemerkte. Das auf 2912 m errichtete kleine Gipfelkreuz erreichte ich schließlich nach knapp 1,5 Stunden Aufstieg. Kein weiterer Wanderer war zu sehen. Absolute Stille.  Eine unglaubliche Aussicht. Ich konnte den Blick weit in die Ferne schweifen lassen und überblickte den gesamten Nationalpark Gran Sasso. Ich genoss den Moment, machte die obligatorischen Gipfelfotos und frühstückte. Es könnte wahrlich schlechtere Plätze für ein Frühstück geben.
Für den Abstieg wählte ich nun die Gratvariante und wurde mit weiteren schönen Ausblicken belohnt.  Am Refugio angekommen,, packte ich wieder meine Rucksäcke um und machte mich auf den weiteren Abstieg Richtung Pietracamela, das ich gegen 13 Uhr erreichte.
Gipfelfoto
Erfreulicherweise gab es sogar eine Apotheke, so dass ich mich mit Jod für meine Wunde versorgen konnte. Mein weitere Plan war nun mit dem Bus Richtung Aprati zu fahren, um von dort noch 2-3 Stunden weiterzuwandern und schließlich am nächsten Tag meine Wanderung in Campotosto beenden zu können. Gegen 15 Uhr sollte der Bus fahren. Proble jedoch war, dass oberhalb von Pietracamela eine Ansiedlung namens Prati lag. Mit Händen und Füßen, Spanisch, Englisch und Latein erkundigte ich mich in der Bar des Dorfes noch einmal, ob die Info, die ich bekommen hatte wohl richtig war.  Mir schwante nichts Gutes, als ich zur Antwort bekam, ich möge den Busfahrer fragen. Leider wurde meine Befürchtung bestätigt: der Bus fuhr in die andere Richtung.
Es musste ein neuer Plan her..Als Übernachtungsplatz wurde von mir Prato di Selva herausgesucht. Einziges Problem: Laut Beschilderung noch 2:45 Stunden entfernt. Und ab 6 Uhr sollte es dunkel werden. Herausforderung angenommen machte ich mich arg motiviert auf den Weg zurück in den Wald. Dieser war nun äußerst matschig und schwer zu begehen. Trotz mehrerer Wildschweinbekanntschaften erreichte ich ca. 35 min später schon Intermesoli. Die Motivation jedoch im halb dunklen Wald, im Matsch zwischen Wildschweinen hindurch die nächsten Stunden zu verbringen sank enorm.
Rückblick auf den Corno Grande
Außerdem bemerkte ich nun an den Wegweisern einen kleinen Pferdekopf über der Zeitangabe. Alles klar. Die Zeitangabe war für Reiter gedacht. Also stand mir ein noch längerer Weg bevor. Ich ging auf Nummer sicher und wählte die zwar längere, aber letztlich doch stressfreiere Asphaltvariante über die Landstraße. Der Weg zog sich unendlich. Eine Kurve, dann die nächste Kurve und wieder die nächste.Dazu keine Chance per Anhalter zu fahren, da die Straße für Autos aufgrund des Erdbebens 2 Monate zuvor gesperrt war.
Um kurz vor 4 startete ich die noch zu gehenden 15 km. Hinter Adriano Faviano selbiges Bild. Kurve um Kurve ging es hinauf. Um 18:00 Uhr, schon in der leichten Dämmerung, zeigte mir mein GPS Gerät immer noch knapp 3 km an. Frust kam auf, als plötzlich ein Wagen mir entgegenkam und stoppte. Ein finster dreinblickender Mittvierziger lugte aus dem Fenster und redete auf Italienisch auf mich los. Eine ganze Flut an Fragen prasselte auf mich runter und ich versuchte freundliche Rede und Antwort zu stehen, da ich nicht wusste, ob es gut sei, sein Zelt am Prato di Selva wild aufzustellen und ich schon schlimmstes befürchtete.  Am Ende der Unterhaltung jedoch der Oberknaller: Der Mann, der m.E. Bauer oder Hirte war,  fragte mich, ob er mich zum Prato fahren solle.
Schlafplatz am Prato di Selva
Dankend und nochmal dankend und nicht aufhörend danke zu sagen, sprang ich in den Kofferraum und erreichte nach weiteren gefühlten 20 Kurven den Prato. Der Herr zeigte mir noch die Wasserquelle und wo ich mein Zelt am besten aufstellen könnte, und machte sich danach wieder auf die Reise bergabwärts.
Ich baute im Halbdunkel schnell mein Zelt im Schutze eines Liftbaus auf, wusch mich gründlich und sprang erschöpft in den Schlafsack.

Tag 7: Prato di Selva nach Aprati ( dann mit Bus und Bahn nach Pescara)
Am letzten Tag stand nur noch eine knapp 3 stündige leichte Waldwanderung  bis nach Aprati vor mir. Dort durfte ich noch einige Stunden in einem kleinen Cafe auf den Bus warten, der mich schließlich bis nach Teramo brachte. Von dort mit einem weiteren Bus bis nach Giulianova, um schließlich dort in den Zug nach Pescara umzusteigen. Dort verbrachte ich die Zeit noch mit einem kleinen unspektakulären Stadtbummel und Strandspaziergang und ließ bei einem italienischen Bier die Wanderung Revue passieren.

Fazit: Die Wanderung im Gran Sasso sticht während dieser "Quer durch die Abruzzen" Wanderung eindeutig hervor. Beim nächsten Mal würde ich versuchen, noch mehr Zeit in diesem Nationalpark zu verbringen, da ich mich einfach mehr zu den höheren Bergen hingezogen fühle. Dies ist natürlich Geschmackssache, denn auch die kleinen italienischen Dörfer und Weiler in den Abruzzen haben ihren ganz eigenen Charme und ich möchte diese Erfahrung, diese erblickt zu haben nicht missen.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Hiking in the Himalaya: Jiri-Lukla; Three Passes; Everest Base Camp

Nach meiner Rückkehr vom Te Araroa im März aus Neusseeland und einem kurzen Zwischenstop am Stubaier Gletscher zum Skifahren war meine Lust aufs Wandern immer noch nicht versiegt. Ein neues Wanderziel musste her. Und zwar nicht nur irgendeins. Es sollte das Wanderhighlight meines  Sabbaticals werden und so geriet Nepal auf den Radar. Nachdem mir auch noch klar wurde, dass neben den Herbstmonaten der April und der Mai die besten Wandermonate in Nepal seien und ich voller Erstaunen feststellte, wie günstig die Flugpreise Richtung Nepal waren, buchte ich direkt für eine Woche später meinen Trip in den Himalaya. Da Nepal bislang für mich ein unbeschriebenes Blatt war und ich nicht wusste, was mich dort erwarten würde, begann ich sofort mit der Recherche nach wanderbaren Routen und besorgte mir einige Wanderführer. Schließlich waren 5,5 Wochen zu füllen.  Auch wenn ich sonst kein großer Fan von Lonely Planets bin, muss ich gestehen, dass der LP-Führer "Trekking in the Himalaya"

Solo - Trekking in Kyrgyzstan: Terskeij Alatoo - Jirgalan - Song Kol - Ala Artscha 2017

Start to Kyrgyzstan In summer 2017 i wanted to make a new experience, because i ve never been to any Central Asian country. Always i had in mind that it should be necessary to speak some russian or to read and understand the kyrillic letters and language. But to be honest, there won t be any time anymore in my life to learn russian. So i tried to learn some basic russian some the weeks before the journey started. Really difficult but it worth it. The second challenge was to find some GPS Datas or Maps from the central asian area. Finally i could find some old military maps in the Internet and printed some of them. To be honest, the price and the quality of the maps didnt convince me, so i hoped to find some more maps in Kyrgyzstan in some Outdoor Shops.Let me say to you, there are moreless no good maps. So u ve to navigate with compass and with the knowledge of the local people. I guess it would be a good idea to hire some local guide, but after my experience in Nepal, i kne

Test des Motorola Defy Sat Link

Schon vor einigen Jahren, als ich auf einer Solo-Weitwandertour über die Südinsel Neuseelands unterwegs war, machte ich mir zwangsläufig Gedanken über meine Sicherheit. Natürlich kann immer und überall (auch im Alltag) etwas passieren, aber was geschieht tatsächlich im Notfall, wenn ich in eine Situation komme, aus der ich mich vielleicht nicht mehr alleine zu retten weiß.  Zu dem damaligen Zeitpunkt gab es bereits bestimmte Systeme, die darauf abgestimmt waren. Ein Spot-System, der über Satellit Hilfe rufen kann. Der Nachteil war für mich tatsächlich der relativ hohe Preis in der Anschaffung und einer monatlichen Gebühr in der Nutzung.  Nun jedoch bringt Motorola den Defy Sat Link auf den Markt, der gerade einmal 70 Gramm wiegt und inklusive „Daten-Volumen“ für ein Jahr nur 169 Euro kostet. Diesen Preis inklusive Nutzung finde ich absolut fair, insbesondere, wenn er Leben retten kann.  In diesem Test setze ich mich nun mit der Funktion des Geräts auseinander und vor